Olympe de Gouges
ERKLÄRUNG DER RECHTE DER FRAU UND BÜRGERIN
Paris 1791
Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von
Hannelore Schröder
Vorwort zur Neuausgabe
Es ist meine Intension, die Universale Erklärung
der Menschenrechte - für weibliche und männliche Menschen - aus
dem Jahre 1791 angesichts fortgesetzten Totschweigens durch etablierte Wissenschaftler
und ungenügender Rezeption durch Wissenschaftlerinnen erneut der Öffentlichkeit
zu präsentieren.
Dies geschieht in der Absicht und Hoffnung, dass kritische Wissenschaftlerinnen
diese welthistorisch bedeutsame Proklamation mehr beachten, sich deren Inhalt
zu eigen machen und ihrer Autorin endlich die Würdigung zuteil
werden lassen, die sie verdient. Denn das grosse Verdienst, die erste
wirklich universale Erklärung der Menschenrechte verfasst zu haben, hat
eine Frau: Olympe de Gouges gebührt die Ehre.
Die Veröffentlichung des ungekürzten Quellentextes in Französisch
und Deutsch (in verbesserter Übersetzung) soll der wissenschaftlichen
Auseinandersetzung in Forschung und Lehre dienen und diese erleichtern.
Kenntnis und Würdigung sollen zu weiterer Forschung inspirieren. Vor
allem aber soll diese historische, doch immer noch höchst aktuelle Erklärung
zur Grundlage ständiger Reflexion der Menschenrechte der weiblichen Menschheit
gemacht werden.
Eine wissenschaftliche Edition der gesammelten politischen und literarischen
Werke von Olympe de Gouges ist über zweihundert Jahre nach ihrem Tod
- 1793 - ein dringendes Desiderat.
Schliesslich sollen Forschung und Edition zur Lehre in politischer Philosophie,
Politikwissenschaft, Rechtsphilosophie und -theorie, historischen Sozialwissenschaften,
Geschichte und französischer Literaturwissenschaft führen, um Kenntnis
von Leben und Werk dieser aussergewöhnlichen Frau zum bleibenden Bestandteil
der akademischen Bildung - und der Allgemeinbildung machen.
Heutige und zukünftige Generationen kritischer Lehrerinnen, im Besitz
des Wissens von dieser universalen Erklärung, sollen es in die Schulen
tragen, wo Millionen von Schülerinnen ein Menschenrecht darauf haben,
von dieser Proklamation unterrichtet zu werden. Überall im Bildungssystem,
wo jetzt nur die Kenntnis der auf Männer beschränkten Erklärung
- der Männer-Vorrechte - von 1789 tradiert wird, müssen
zugleich Kenntnis und Würdigung dieser so lange totgeschwiegenen, radikal
demokratischen Erklärung von Mme. de Gouges vermittelt werden. Denn diese
feministische Aufklärerin hat mit ihrer Proklamation bereits 1791 jene
andere, spezielle Privilegien-Erklärung theoretisch überwunden:
Sie begründete Menschenrechte für die weibliche Menschheit und brandmarkte
die männlichen Privilegien als unvernünftig, ungerecht, tyrannisch
und daher politisch illegitim. Jene Männer-Erklärung von 1789, die
noch immer fälschlich als eine der "Menschenrechte" bezeichnet wird,
ist rechtsphilosophisch schon seit 1791 überholt, veraltet, obsolet.
Kenntnis und Würdigung der feministisch-politischen Erbschaft soll
endlich zu gesicherter Tradition und schliesslich dazu führen, dass etablierte
Wissenschaftler die Existenz dieser wahrhaft allgemeinen Erklärung nicht
länger ignorieren oder ihr die überragende Bedeutung absprechen
können. Sie werden endlich anerkennen müssen, dass es sich um eines
der bedeutendsten Dokumente der Weltgeschichte handelt, um nichts weniger.
Es ist das erklärte Ziel dieser Publikation, dem anhaltenden Totschweigen
einerseits, der mangelnden Kenntnis und Würdigung andererseits - und
der Gefahr des erneuten Vergessens entgegenzuwirken.
Seit 1973, dem Jahre der Wiederentdeckung dieser Proklamation nach 182 Jahren
- zuletzt im Grabe der Pariser Nationalbibliothek, sind dreiunddreissig Jahre
vergangen. Im Laufe dieser Zeit habe ich viele Versuche unternommen, die Autorin
und ihre Erklärung bekanntzumachen: Mit der Erstpublikation an unübersehbarer
Stelle ( Beilage zu Das Parlament, Bonn 1977), habe ich die wissenschaftliche
und politische Öffentlichkeit davon in Kenntnis gesetzt.
Die vorliegende Publikation ist die Fortsetzung meiner oft vergeblichen, doch
nicht völlig hoffnungslosen Bemühungen: ich setze die Autorin und
ihre Proklamation in den historischen Kontext der oppositionellen feministischen
Aufklärung (1589-1789) und in den aktuellen der fortgesetzten Ideologie
und Politik der Schändung der Menschenrechte des weiblichen Volkes.
Anlässlich des grossen Jahrestages der Autorin im Jahre 1998 hat
die Stiftung "250. Geburtstag Olympe de Gouges. Europäische Gedenkfeier",
Sitz Amsterdam, erhebliche Anstrengungen unternommen, Frauen, Vereine und
Organisationen in mehreren Ländern zu aktivieren, um dieser bedeutendsten
Frau in der Geschichte Europas ehrend zu gedenken. Da die Stiftung gar keine
öffentlichen Mittel erhielt, konnte sie allerdings sehr wenig bewegen.
Auf alle Anfragen - bei der Europäischen Union, Brüssel, der European
Cultural Foundation, Amsterdam, der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, der
Reemtsma-Stiftung, Hamburg, dem Bundesministerium für Kultur und Wissenschaft,
Bonn usf. erhielt die Stiftung nur negative Reaktionen.
Menschenrechte für die weiblichen Bevölkerungen sind kein kulturelles
und politisches Thema - in der Europäischen Union.
Dank kleiner Spenden und grossen Einsatzes von wenigen Frauen konnte die Stiftung
in der Mutterstadt von Olympe de Gouges, Montauban/Südfrankreich, am
Hause, in dem sie geboren wurde, eine Gedenktafel anbringen.
Auch in Paris, in der Nähe des Palais du Luxemburg, 20, Rue Servandoni,
wo Mme. de Gouges zeitweise wohnte, enthüllte die Stiftung am Tage ihres
250. Geburtstages eine Marmortafel. Die Inschrift lautet:
OLYMPE DE GOUGES
1748 - 1793
auteur de la
Declaration des Droits
de la Femme et de la Citoyenne
- 1998 -
Ihr Geburtstag, der 7. Mai, ein "Tag der Rechte
der Frau und Bürgerin" im September, dem Monat des Erscheinens ihrer
Erklärung und der Tag ihrer Ermordung, der 3. November sollen jährliche
Gedenktage werden.
Feministische Einrichtungen aller Art, Strassen und Plätze, Schulen und
eines aufgeklärten Tages eine Universität, ein Theater
.sollen
ihren Namen tragen.
Ein Olympe de Gouges-Gedächtnispreis ist zu stiften und derjenigen zu
verleihen, die ihrem politisch-feministischen Geist und Mut verpflichtet,
das kritischste Wort geschrieben oder die mutigste Tat für Menschenrechte
weiblicher Menschen gewagt hat.
Ich plädiere dafür, Olympe de Gouges endlich ein Denkmal zu setzen.
Das erste sichtbare Denkmal, das zu errichten die Nachwelt der femme de lettres,
feministischen Denkerin und dem Opfer des Terrors allzulange schuldig geblieben
ist, ist die Herausgabe ihrer Gesammelten Werke.
Das bleibende Denkmal liegt jedoch im Bewusstsein ihrer Leserinnen, die sich
ihre Erkenntnisse zu eigen machen - und fortführen.
Amsterdam, 3. November 2006
Verlag gesucht
Die Erstausgabe dieser Publikation, 1995 in sehr kleiner Auflage erschienen,
ist seit Jahren vergriffen. Ich suche daher dringend einen Verlag, der bereit
ist eine Neuauflage zu veranstalten.
Kontakt: Dr. Hannelore Schröder, Tschaikowskistr. 9,
04105 Leipzig, Mobil: 0177 / 64070290
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