Hannelore Schröder
Frauenpaare " …bis dass der Tod uns scheidet"
Berühmte
Frauenpaare,
Hsin: Joey Horsley, Luise F. Pusch
Suhrkamp tabu 3404, Frankfurt/M. 2005.
318 Seiten, Euro 10,--
Die Herausgeberinnen erläutern in ihrem Vor- und
Nachwort, warum sie sich entschlossen haben, jetzt einige herausragende Frauenpaare
vorzustellen: Einmal zwecks Korrektur der patriarchal-eliminierenden,
also verfälschenden Geschichtsschreibung, zum anderen um den herrschendenden
Vorbildern von Mann-Frau-Paaren diese höchst eindrucksvollen Vorbilder
entgegenzuhalten. "Frauenliebe und -leben: Revidierte Fassung", so Luise
Pusch. Unter Frauen gibt es "mehr Vernunft und Verstand, Einfühlung und
Wärme", keine institutionalsierte Herrschaft, kein Problem mit Hausarbeit
und Verhütung; es sind eher Beziehungen unter Gleichen, ein gleichberechtigtes
Geben und Nehmen." Gemeinsames politisches und soziales Engagement,
"dem beide dienen,
finanzielle Unabhängigkeit (auch von einander),
geistige Unabhängigkeit" - und die Frauenbewegung im Rücken, "bilden
ideale Voraussetzungen für eine gelungene, lebenslange Partnerinnen-schaft"
ist Puschs Fazit. Dafür sind Dr. Anita Augspurg und Lida G. Heymann ein
glänzendes Vorbild. - Solche Voraussetzungen sind eher selten, besonders
wenn ein destruktiver Mann anwesend ist.
Pusch räumt ein, dass das Verhältnis zwischen der kranken Katherine
Mansfeld und der ihr "bedingungslos ergebenen" Ida Baker sehr ungleich ist:
Die Kranke beutet die Freundin aus, die wie eine Ehefrau "alles mit sich geschehen
lässt." (Nachwort)
Hier handelt es sich vorerst um sieben Doppelporträts internationaler,
namhafter Frauen und ihrer Lebens-gefährtinnen aus der Zeit von 1822
bis 1989. Ein weiterer Band ist in Vorbereitung.
Die meisten Frauen sind schon zu Lebzeiten durch ihre herausragenden Leistungen auf den Gebieten der Künste, Literatur und Wissenschaft aussergewöhnlich erfolgreich und international bekannt: So Rosa Bonheur durch ihre Tiermalerei, Marie Fillunger als vielseitige Sopranistin, Anny Lowell als Lyrikerin, die so jung gestorbene Katherine Mansfield als Autorin von Kurzgeschichten und Briefen und die Naturwissenschaftlerin Rachel Carson, die 1962 den ökologischen Weltbestseller "Silent Spring" (Der stumme Frühling) veröffentlicht.
Tragische Ausnahme von diesen erfolgreichen Lebensläufen
sind zwei Frauenpaare, die in den Vernichtungsapparat des Faschismus
geraten: in ähnlicher Weise Parias, werden die radikalen Feministinnen,
Pazifistinnen und frühen Antifaschistinnen Dr. jur. Anita Ausgpurg und
Lida G. Heymann Opfer des nationalsozialistischen Antifeminismus. Die Patriarchats-Kritikerinnen
und Organisatorinnen von Frauen-Widerstand, 1933 ins Exil getrieben, arm,
alt und krank bleiben treu vereint - bis der Tod sie trennt.
(Seit 1972 werden Augspurg und Heymann in feministischen Kreisen in zunehmendem
Masse bekannt und gewürdigt: im Frauen-Gedenk-Labyrinth für
1000 Frauen sind ihnen Gedenkstafeln gewidmet.)
Das zweite Paar sind die "Politischen" ehemaligen Kommunistinnen Milena Jesenska und Margarete Buber-Neumann, die sich 1940 im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück begegnen und durch ihre Fürsorge und Liebe am Leben erhalten. Doch "Milena aus Prag" stirbt 1944 im Alter von achtundvierzig Jahren, die jüngere, treue Freundin überlebt in vorletzter Minute: Fünfundvierzig Jahre lang erfüllt sie das Vermächtnis der toten Freundin, Erfahrungen und Wissen über das 'Zeitalter der Konzentrationslager " festzuhalten und zu verbreiten..
Die aussergewöhnlich humane Qualität dieser
Beziehungen (im Gegensatz zu Ausbeutung, Gewalttätigkeit und Gemeinheit
von Männern gegenüber Frauen, die Unmenschlichkeit, mit welcher
sie Lebenskraft und Kreativität ihrer Nicht-Partnerinnen verbrauchen
und zerstören), beruhend auf treuer Verbundenheit, gegenseitiger
Hilfe im Alltag, vor allem in Krisen, ist die Quelle erstaunlicher künstlerischer
Kreativität, intellektueller Produktion und grosser Energie im feministischen
Engagement.
Diese Konstellationen machen die Frauen-Vorbilder zu höchst interessanter,
fesselnder Lektüre.
Luise Pusch und ihre Mitautorinnen, Sybille Duda, Joey Horsley, Swantje Koch-Kanz, Eva Rieger, Sulamith Sparre, Hiltrud Schroeder und Andrea Schweers sind kompetent, kritisch und klar in Sprachgebrauch und Stil - so wie Leserinnen es seit Jahrzehnten von Pusch-Büchern kennen.
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